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08 Dec
08Dec

Den Umweltdiskurs der 1960er und 1970er Jahre hat das Schlagwort „Bevölkerungsexplosion“ dominiert und damit die Sorge, dass eine rasant ansteigende Weltbevölkerung nicht mehr ernährt werden kann und große Schäden an Ökosystemen verursacht. 

https://www.blognatur.com/majos-blog/bev%C3%B6lkerungsexplosion-weniger-kinder-f%C3%BCr-den-klimaschutz

Inzwischen ist das wichtigste Schlagwort im Umweltdiskurs „CO2“, das ist gleichsam die Währung der Umweltdiskurse. Sämtliche Maßnahmen, Aktivitäten oder Pläne lassen sich in dieser Währung darstellen. Auch das Leben von Menschen, die gleichsam schon von Geburt an mit der Erbsünde CObelastet sind, lässt sich damit zählend erfassen. 

Inzwischen leben > 8 Mrd. Menschen auf der Erde. Und die Weltbevölkerung steigt weiter an. Der Bevölkerungsanstieg verteilt sich global äußerst unterschiedlich. In Afrika wird sich die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 auf über 2 Mrd. verdoppeln. 

Der afrikanische Kontinent ist stark von klimatischen Extremereignissen betroffen; neben der naturräumlichen kommt eine hohe gesellschaftliche Vulnerabilität hinzu, durch viele instabile und auch korrupte Regierungen. Dies hat auch zur Folge, dass beispielsweise Ländereien, Fischereirechte o.ä. nach China verkauft wurden. Land Grabbing. Hinzu kommt, dass eine einzigartige Großtierfauna in den Savannen Ostafrikas oder auch die floristische Artenvielfalt in Südafrika oder im tropischen Regenwald im Kongobecken unbedingt stärker zu schützen ist. Es ist aktuell kaum vorstellbar, wie auf einem so vielfältigen Kontinent diese so unterschiedlichen Stressfaktoren zu einer nachhaltigen Entwicklung austariert werden können. 

Doch die Wachstumsrate der Weltbevölkerung sinkt insgesamt; in wenigen Dekaden wird der Zuwachs immer geringer und die Weltbevölkerung könnte geringer werden. D.h. es gibt keine „Bevölkerungsexplosion", denn die Bevölkerung wächst nicht exponentiell. Doch 11 Mrd. Mensch im Jahr 2100 stellen eine große Herausforderung dar; bzgl. Nahrungs- Energieversorgung, Mobilität bei gleichzeitigem Schutz der Ökosysteme. 

Mehr Menschen bedeutet dabei nicht automatisch höhere Treibhausgasemissionen auch wenn der Mythos der Überbevölkerung in vielen solchen Diskussionen mitschwingt. Denn die Länder mit einer hohen Geburtenrate sind nur zu einem geringen Teil der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. 

Die bloße Reduktion der Menschenmassen garantiert daher keine „gesünderen“ Ökosysteme. Und: Wie sollte eine Bevölkerungsregulation aussehen, die wirkmächtig ist aber ohne autoritären Instrumenten, die letztlich darüber entscheiden, wer wann und wo leben darf, auskommt? Eine Geburtenkontrolle für den Schutz der Umwelt, ist eine Vorstellung, die einer freien und offenen Gesellschaft widerspricht. 

Nun, die reine Anzahl an Menschen darf nicht das Hauptkriterium bei der Beurteilung der ökologischen Krise oder gar der moralischen Empörung darüber sein. Denn klar ist, dass 10% der reichsten Weltbevölkerung für etwa die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Die Mehrheit der Menschheit hat einen sehr geringen ökologischen Fußabdruck. Allerdings darf man auch nicht verhehlen, dass viele Menschen im globalen Süden durch Monokulturen in der Landwirtschaft und einer Übernutzung von Ressourcen erheblich dazu beitragen, die Artenvielfalt zu verringern und auch durch Landnutzungsänderungen zum Klimawandel beitragen. Das alleinige Hochrechnen von CO2-Bilanzen wird dem Gesamt eines ökologischen Selbst nicht gerecht und lässt sich daher auch nur eingeschränkt in Kategorien von Verantwortung rahmen. 

Gleichwohl könnte eine verringerte Weltbevölkerung den Ressourcenverbrauch auch verringern – vorausgesetzt ein maßvoller Lebensstil gelingt. 

Andererseits: Die Ein-Kind-Politik hat die Geburtenrate in China (auch mit drastischen Maßnahmen) gesenkt. Ohne diese Politik hätte das Land heute wahrscheinlich 300 Millionen Einwohner mehr. Doch China ist schon seit 2015 von der Ein-Kind-Politik abgerückt. Aus rein ökonomischen Gründen; eine alternde Bevölkerung ist teuer (Renten, Pflege, Krankenversicherung,..), gleichzeitig gehen verhältnismäßig viele junge, innovative Arbeitskräfte verloren, es gibt einen deutlichen Männerüberschuss in China und ein fortwährendes Wirtschaftswachstum scheint gefährdet. Alterssicherungssysteme, die auf einem Umlageverfahren basieren, sind auch darauf angewiesen, dass die Anzahl einzahlender junger Menschen nicht zu gering wird. Also, im Kontext unserer Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme sind wir auf eine (leicht) anwachsende Bevölkerung angewiesen. 

Selbst wenn die Bevölkerungsforschung eine auf absehbare Zeit sinkende Weltbevölkerung berechnet, kann dies nur eintreffen, wenn sich die Gesellschaften in ihrer sozio-ökonomischen Struktur daran anpassen. 


JR

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