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05 Jan
05Jan

Gerade eben geht es durch die Presse und der Aufschrei ist groß: Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will die Lebensmittelpreise heben. Hintergrund ist, dass er die Billigpreispolitik mit als Grund dafür sieht, dass bessere Haltungsbedingungen für Tiere, besseres Auskommen für Bauern und faire Löhne in der Produktion bislang nicht realisiert wurden.
Özdemirs Intention ist, dass die Preise für Lebensmittel die „ökologische Wahrheit“ adäquater ausdrücken sollen. Hier ist tatsächlich großer Handlungsbedarf, wie ich meine: Kann es wirklich angehen, dass an der Brathähnchenbude ums Eck ein halbes Hähnchen 2,50 EUR kostet? Wie viel ist ein (Tier-)Leben wert? Dass ein Pfund Nudeln für ein paar Cent zu bekommen ist? Wie viel ist (Landwirtschafts-)Arbeit wert? Dass jeden Tag Tonnen von Lebensmitteln, nicht nur in den Supermärkten, sondern auch in Privathaushalten und Restaurants, in der Tonne landen?
Es ist zu untersuchen, inwieweit höhere Preise für qualitativ hochwertige (Bio-)Nahrung tatsächlich noch mehr Bürger unter die Armutsgrenze treiben – oder ob nicht andere Ursachen als hohe Essensausgaben Menschen arm macht und arm hält. Wenn wir einen europäischen Vergleich ziehen, geben die Deutschen, gemessen an der Höhe des ihnen zur Verfügung stehenden monatlichen Einkommens, recht wenig aus – auch, wenn wir hier natürlich nur von Durchschnittswerten sprechen.
Doch ebenso ist zu überlegen, ob allein höhere Preise tatsächlich höhere Nachhaltigkeit bei Nahrungsmittelerzeugung und -konsum bewirken würde. Würden denn höhere Preise und damit ein größerer Gewinn für die Hersteller und Produzenten automatisch zu verbesserten Haltebedingungen für Tiere, zu einem höheren Anteil bio-zertifizierter Produkte oder zu einer gestiegenen Bereitschaft der Verbraucher, zu fair produzierten statt möglichst billigen Lebensmittel zu greifen, bedeuten? Wohl nicht. Und doch erleben wir mit Lebensmitteln zu Schleuderpreisen ähnliches wie mit Kleidung: Wenn das Shirt nur 2 EUR kostet und die Hose 10, neigt „man“ schon eher dazu, wesentlich mehr, als benötigt wird, zu kaufen und zu horten. Das Bewusstsein für Wert und für Qualität ist beeinträchtigt, geht mehr und mehr verloren. Wir schwelgen im Übermaß, auch, was Nahrung angeht.
Insofern kann die Anpassung der Lebensmittelpreise, kombiniert mit einer Essenspendenpflicht und einer Ausweitung der Angebote der Tafeln und Sozialstationen, durchaus ein erster Schritt sein, um uns achtsamer mit Essen umgehen zu lassen. Eiegntlich ist es beschämend, dass wir einen solchen externer Anlass dafür zu benötigen scheinen.
Wie seht ihr das?


MF

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